Höhere Ausgaben, weniger Einnahmen: Den Gemeinden geht es nicht anders als vielen Privatpersonen. Auch sie kämpfen mit finanziellen Schwierigkeiten. Zu seinem Amtsantritt forderte der frisch gewählte Präsident des österreichischen Gemeindebundes, der Mostviertler Johannes Pressl (ÖVP), daher vom Bund eine Milliarde als Unterstützung für die österreichischen Gemeinden. Nur fordern und nichts leisten, wollen die Kommunen aber nicht. Pressl betont, dass sie Einsparungspotenziale erheben müssen. „Wir arbeiten mit Steuergeld und haben daher eine hohe Verantwortung“, begründet der ÖVP-Politiker. Wie es gelingen kann, effizienter zu wirtschaften, zeigen einige Orte in Niederösterreich bereits vor.
Das Auslagern von Aufgaben kann Geld sparen
Eine Möglichkeit, Kosten zu sparen, sieht der Manker Bürgermeister Martin Leonhardsberger (ÖVP) in der Auslagerung von Aufgaben an darauf spezialisierte und daher routinierte Groups. Neben seiner Funktion in der Gemeinde ist er auch Obmann des Gemeindeverbandes für Umweltschutz und Abgabeneinhebung (GVU) Melk, dem mittlerweile 40 Gemeinden angehören. Rein um den Umweltschutz geht es dabei nicht mehr. Viele Orte lagern die Einhebung von Abgaben aller Artwork mittlerweile an den Verband aus. „Dort gibt es dafür ein Crew. Für eine einzelne Gemeinde, die das viel seltener macht, wäre es der fünffache Aufwand“, meint Leonhardsberger und betont, dass vor allem kleine Gemeinden mit wenig Private diese Dienstleistung nutzen würden.
Geht es nach Pressl, sollten die GVU flächendeckend noch stärker zum Dienstleister für Gemeinden werden. Leonhardsberger berichtet, dass in seinem Verband auch Wissen zu gesetzlichen Neuerungen, wie in der Vergangenheit zur Datenschutzgrundverordnung oder dem Energieeffizienzgesetz, aufgebaut und den Kommunen zur Verfügung gestellt werde. Außerdem würde der GVU auch Web sites für Gemeinden erstellen. „Das Dienstleistungspaket hat sich über die Jahre entwickelt“, sagt der Manker Bürgermeister.
Pressl ist überzeugt, dass das erst der Anfang sein kann: „Das Ziel ist, dass wir Multifunktionsverbände bekommen.“ Dadurch müsse nicht jede Gemeinde Experten für die unterschiedlichsten Themenbereiche beschäftigen. Dass die Auslagerung von Ausgaben kostengünstig erfolgen kann, untermauert Pressl mit einem Beispiel aus seiner Heimatgemeinde Ardagger im Bezirk Amstetten: Dort werden etwa Abgaben in Höhe von 1,6 Millionen Euro eingehoben. Das Gesamtpaket der Abgabeneinhebung über den Gemeindeverband bekomme die Gemeinde um 40.000 Euro.
Ein Riesen-Thema, das die Gemeinden zurzeit beschäftigt und ihre Haushalte belastet, ist zudem die Kinderbetreuung. Zur Umsetzung der Betreuungsreform des Landes wird in diesen Bereich viel Geld investiert. Roland Zimmer, ÖVP-Bürgermeister von Unhealthy Traunstein im Bezirk Zwettl, ist überzeugt, dass Zusammenarbeit auch hier nicht nur Vorteile, sondern auch Sparpotenzial bietet. In dem ehrenamtlich tätigen Verein „NÖ-Kinderbetreuung“ schlossen sich mehrere Waldviertler Gemeinden zusammen. Dort wird die Kleinkind- und Nachmittagsbetreuung für mittlerweile 15 Orte zusammen organisiert. Dazu gebe es einen Pool von aktuell 34 Pädagoginnen, der bis Jahresende auf 40 anwachsen soll. Sie betreuen an verschiedenen Standorten 400 Kinder. Gibt es an einem nicht genügend Anmeldungen, werden die Kinder in der Nachbargemeinde mitbetreut und fallen einmal Pädagoginnen in einem Kindergarten aus, ist es durch den höheren Personalstand einfacher, Ersatz zu finden.
In ganz kleinen Orten sind Zusammenlegungen von Schulen und Feuerwehren Thema
In sehr kleinen Gemeinden wie Reingers im Bezirk Gmünd wird sogar selbst Hand angelegt, um Geld zu sparen. Bürgermeister Andreas Kozar (ÖVP) berichtet, dass seine Abwanderungsgemeinde sehr geringe Steuereinnahmen habe und daher besonders intestine haushalten müsse. Bei ihren Vorhaben achte die Gemeinde daher darauf, sie so intestine wie möglich über den örtlichen Bauhof realisieren zu können, um Geld für externe Firmen und Dienstleister zu sparen. Außerdem packe die Dorfgemeinschaft regelmäßig selbst an. So habe die Feuerwehr etwa ein günstiges gebrauchtes Auto gekauft, das die Kameradinnen und Kameraden selbst wieder auf Vordermann gebracht haben.
Zudem wehre sich der 600-Seelen-Ort nicht gegen – immer sehr emotional betrachtete – Fusionierungen: Im Bereich der Feuerwehr hat sich Reingers bereits mit Hirschenschlag zusammengeschlossen. Zudem gibt es eine Mittelschule für die Orte Litschau, Reingers und Haugschlag. „Und auch im Bereich der Volksschulen wird der Tag kommen, an dem wir über einen Zusammenschluss diskutieren werden müssen“, sagt Kozar nüchtern.
Pressl hat keine Angst, dass Jobs verloren gehen
Für Pressl sind all das Beispiele, von denen andere Gemeinden lernen sollen. Dazu bietet am heutigen Donnerstag, 21. März, die Veranstaltung „Gemeindefinanzen auf Kurs bringen“ in St. Pölten eine Möglichkeit. Sorge, dass durch das Auslagern bzw. Aufgeben von Aufgaben Jobs in den Gemeinden verloren gehen, hat Pressl nicht. Einerseits stehen die Gemeinden vor einer Pensionierungswelle und es werde zunehmend schwieriger für sie, Verwaltungspersonal zu finden. Andererseits müssen durch den Ausbau der Kinderbetreuung hunderte neue Kräfte aufgenommen werden. In Summe werde der Personalstand in den Kommunen sogar steigen, ist er überzeugt – wenngleich sich die Aufgaben verlagern dürften. Zum Abschluss bleibt die Frage, ob die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Land bei derartigen Vorhaben mitziehen werden. „Es ist noch Überzeugungsarbeit zu leisten“, gesteht der neue Gemeindebund-Chef.